Donnerstag, 23. August 2007

Wie ich meinen Sommerurlaub verbrachte

Meine Vorstellung war, dass ich mich eines Tages hinsetzen würde, um meine Erlebnisse über den Aufenthalt beim Great Sky Zen Sesshin auf eine schöne, präzise Weise aufzuschreiben. Du weißt schon, so wie es ein professioneller Schriftsteller machen würde. Aber ich scheine dafür unfähig zu sein. Ich habe einfach einen zu großen Haufen Arbeit vor mir, um genügend Zeit dafür zu haben. Hier sind also meine allgemeinen Eindrücke, direkt in die Blog-Vorlage eingegeben, ohne die Rechtschreibung oder irgendwas zu prüfen.

Das Kloster Hokyoji liegt mitten im Niemandsland. Als Erstes fliegst du zum La Crosse Flughafen in La Crosse, Wisconsin, der mehr wie eine Bushaltestelle, denn wie ein Flughafen aussieht. Dagegen erscheint Akrons kleiner Flughafen wie der La Guardia-Flughafen. Dann fährst du ungefähr eine Stunde durch die sanft geschwungenen Hügel am Rande des Mississippi, kurz durch Iowa und weiter nach Minnesota. Der eigentlich nächste Ort ist ein kleines Dorf mit 200 Einwohnern in Iowa, dessen Namen ich vergessen habe. Obwohl ich mich nicht an den Namen des Ortes erinnern kann, so erinnere ich mich doch an den Namen des Typs, der seit 40 Jahren an der Tankstelle arbeitet. Er heißt Jug (Kanne) Darling (Liebling). Ohne Scheiß. Um richtig Spaß zu haben, musst du rund 45 Minuten weiter nach Iowa hineinfahren und einen anderen Ort besuchen, dessen Namen ich auch vergessen habe, der aber sage und schreibe 2000 Einwohner hat.

Aber während des einwöchigen Sesshins sind wir zu keinem dieser Orte gefahren. Für 7 Tage hatten wir Bewohner von Hokyoji zu sein, Hokyoji Essen zu essen und Hokyoji Scheiße zu scheißen, um ein altes Zen-Gedicht umzuformulieren. Das Kloster besteht aus 4 Hauptgebäuden, die sich über ein paar Morgen eines gerodeten Waldstücks am Ende einer gut 2 Kilometer langen Auffahrt verteilen. Unser Hauptgebäude war ein Zendo (Raum für die Übung des Zazen) für 30 Personen nahe der Ortsmitte. Abseits davon stand ein Gebäude, das sie „die Blockhütte“ nannten, weil es bei der Ortsgründung eine echte Holzhütte mit nur einem Raum, ohne Strom und fließend Wasser war. Heute ist es ein Haus mit Strom und fließenden Wasser, Gott sei Dank. Aber ich musste mich dort nicht einquartieren. Sie steckten mich in ein Haus weit unten am Ende des Geländes, das sie „die Werkstatt“ nannten. Wie der Name vermuten lässt, war hier die Werkstatt für‘s Holzsägen und all die anderen Arbeiten, die gemacht werden mussten, um die anderen Gebäude auf dem Grundstück zu bauen. Der erste Stock ist jetzt zu einem ziemlich spartanischen Wohnbereich umgebaut worden. Ohne fließendes Wasser, aber zumindest hatten wir Strom. Das andere Gebäude heißt „das Tee-Haus“. Es steht in der Nähe des Zendo und hat neben einem kleinen Tee-Raum auch Duschen, die einen feinen Nieselregen über deinem Kopf versprühen, je nach deiner Wahl, entweder lauwarm oder kochend heiß. Ich habe nie herausgefunden, wie ich das Wasser effektiv runter zu meinen Füßen bekomme.

Es gab neun 45-Minuten Zazen-Perioden, jeden Tag beginnend um 5 Uhr morgens und endend um 10 vor 9 abends. Die Weckglocke wurde um 04:30 Uhr geläutet. Das ist ziemlich normal. Nishijimas Sesshins sind ein bisschen einfacher, was die Menge an Zazen angeht. Ich war um die Gesundheit meiner Knie besorgt. Aber ich bin froh sagen zu können, dass ich die ganze Sache ohne erkennbaren Schaden überstanden habe. Die Zazen Perioden werden zuerst von einer Zeremonie unterbrochen, bei der das Herz Sutra rezitiert wird, dann folgt das Frühstück im Oryoki Stil, eine kurze Pause, ein Dharma Vortrag und eine weitere Zeremonie, bei welcher Dogens Jijuyu Zanmai gesungen wird. Danach kommt das Mittagessen, eine sehr lange Pause und Samu (eine Arbeits-Periode) (mehr dazu später), eine weitere verdammte Zeremonie, bei der das Dai Shin Darani gesungen wird, und eine letzte Zeremonie bei der Dogens Fukanzazengi (universelle Aufforderung zum Zazen) gesungen wird. Zwischen all dem Kram, ist vor der Wand sitzen oder Kinhin (gehendes Zazen) angesagt. Oder andersrum, all das kommt zwischen den Zazen-Perioden. Such‘s dir aus.

Manches von dem war neu für mich. Nishijimas Sesshins haben keinerlei Zeremonien oder irgendwelche Rezitationen. Deswegen kannte ich keinen dieser Gesänge. Auch die Arbeits-Perioden bei seinen Sesshins beinhalten gewöhnlich nur das Saubermachen der Toiletten oder das Fegen der Schlafzimmer. Beim Great Sky lassen sie dich schwer arbeiten. Das ist notwendig, weil selbst nach 30 oder 40 Jahren Betrieb, die Arbeiten am Anwesen größtenteils noch nicht beendet sind. Also arbeiteten wir größtenteils daran, den Garten ansehnlich zu machen, und Sachen in Ordnung zu bringen, die es nötig hatten, in Ordnung gebracht zu werden. Oh, und wir haben Wespen aus den Schlafzimmern verjagt. Ich war am Ende jeder Arbeitsperiode erschöpft. Aber es war auch gut. Es hat definitiv deine Beine nach all dem Sitzen wieder in Bewegung gebracht. Außerdem hast du eine anständige Aufgabe bekommen, was bei manchen Sesshins nicht der Fall ist.

Um die 30 Leute nahmen teil, inklusive fünf (zähl‘ nach) Zen-Meister. Mal sehen, an wen ich mich erinnern kann. Da war Tonen O’Conner vom Milwaukee Zen Center, Zuiko Redding vom Cedar Rapids Zen Center, Dokai Georgesen vom Hokyoji selbst, Rosan Yoshida aus einem Ort in Iowa, glaub ich, Genmoyo Smith aus ... ich weiß nicht mehr wo, und ich. Ich könnte all die Informationen nachsehen, die ich vergessen habe, aber das entspräche nicht der Spontaneität dieses Beitrags. Tonen und Zuiko sind Frauen, und der Rest von uns Lehrern sind Männer. Ich war wirklich beeindruckt von Zuiko. Sie studierte mit derselben sehr strengen Zen-Meisterin wie Taijun Saito, eine Nonne, die mit Nishijima studierte. Beide wurden in den Zen-Abläufen so gedrillt, dass sie diese vorwärts und rückwärts beherrschen. Ich weiß einen Scheiß über die Rituale. Ich schätze diejenigen, die sich damit auskennen, nicht gering. Ich kann es einfach nicht. Und es ist sehr unwahrscheinlich, dass ich es jemals können werde. Um ehrlich zu sein, es interessiert mich nicht sehr. Dennoch ist es interessant es zu sehen und etwas von Leuten zu lernen, die diese Abläufe beherrschen.

Was kann ich dir sonst noch erzählen? Viel, eigentlich. Und ich werde das wahrscheinlich in den kommenden Artikeln tun. Aber ich möchte es heute kurz halten.

Was habe ich gelernt? OK. Ich habe gelernt, dass es verdammt noch mal egal ist, was du während des Sitzens denkst. Ich wusste das. Aber am 4. Tag merkte ich es auf deutliche Weise. Ich war, wie so oft, ein bisschen reizbar und schmerzempfindlich geworden und dachte, „Mann, die Gedanken in meinem Kopf drehen sich wie wild, wie kommt es, dass das niemals aufhört?“ Ich sollte dir dazu sagen, dass ich kurz vor dem Sesshin mit einer Menge Zeugs konfrontiert wurde. Die Nachricht, dass die Firma für die ich arbeite, ihr Büro in Los Angeles zu schließen beabsichtigt, war keine Kleinigkeit. Das Büro in Los Angeles bin ich. Mehr davon später. Aber es reicht zu sagen, dass ein paar Dutzend anderer Sachen hätten behandelt sein müssen, nachdem das Sesshin vorüber war. Das mache ich jetzt irgendwie, und deswegen ist dieser Artikel kurz und spontan.

Egal, alles Mögliche lief in meinem Kopf rauf und runter. In Bewegung gesetzt, würde es nicht aufhören, bis es seine Energie verbraucht hätte. Und auf einmal bemerkte ich, dass es scheißegal ist. Denken war nur etwas, das während der Praxis passierte. Dennoch war die Praxis noch immer völlig richtig. Das war keine Idee wohlgemerkt. Das kam als echte Erfahrung. Es gibt ein altes Koan über einen Mönch, der sagt, ”wenn ein klarer Geist kommt, lass ihn kommen, wenn ein umwölkter Geist kommt, lass ihn kommen. ”Der Meister fragt ihn, “was, wenn weder ein klarer noch ein unklarer Geist kommt?“ Und der Mönch sagt sowas wie, “ich habe gehört bei H&M gibt es einen Ausverkauf von Unterwäsche.“ So in der Art ist es gewesen. Cool.

Es ist lustig, wie diese Dinge ablaufen. Ich habe dieselbe Lektion ein Dutzend Mal gelernt, vergessen und wieder gelernt. Und ich bin sicher, dass ich es noch ein paar Dutzend Mal mehr lernen werde, bevor sie mich verbrennen und meine Asche hinter JB’s Down in Kent, Ohio verstreuen.

Mmmmmhhhhh… Was noch? Ich hielt einen Dharma-Vortrag. All die anderen Zen-Lehrer hielten Zen-Vorträge und meiner war wie ein Auftritt von Krusty dem Clown. So ist das Leben. Beim Versuch den Rückwärtsgang des Kloster Lieferwagens ausfindig zu machen, durchfurchte ich den ganzen Hof. Ich habe andere Sachen gemacht.

Aber ich muss jetzt gehen. Sorry. Später mehr! Fragt mich nach Sachen. Vielleicht wird es mein Gedächtnis in Schwung bringen …

Link zum Originaltext


Samstag, 4. August 2007

Der Porno-Buddhist

Offenbar bin ich in gewissen buddhistischen Kreisen seit Neuestem als der „Porno-Buddhist“ bekannt. Scheinbar ist das eine Quelle großer Freude, da – wie ich hörte – diese Buddhisten es genießen, über mich zu lachen. Wie ich darauf komme? Das ist eine etwas längere Geschichte. Aber sie könnte Euch gefallen!

Traditionell ernennt ein buddhistischer Meister im Alter einen Nachfolger. Das läuft schon seit Buddha´s Zeiten so. Grundsätzlich mag ein Meister eine ganze Reihe seiner Schüler ordinieren und sogar auch einigen „den Dharma übertragen“. Die Dharmaübertragung ist etwas schwierig zu erklären. Im Wesentlichen geht es darum, dass du in den Augen des Meisters ein wenig weiter bist als der gewöhnliche „Mönch“, weil Du ein besonderes Verständnis erlangt hast, welches der Meister erkennt. Es gibt auch andere Gründe, warum die Übertragung erfolgt. Aber das tut hier nichts zur Sache. Obwohl ein Meister also eine unbegrenzte Anzahl an Ordinationen und Dharmaübertragungen vornehmen kann, ernennt er traditionell nur einen Nachfolger.

Mein Lehrer Gudo Nishijima hat mich vor kurzem zu seinem Nachfolger ernannt. Das mag ziemlich toll klingen. Tatsächlich fühlte ich mich eher verwirrt und besorgt. Denn ich habe gesehen, wie diese Dinge laufen. Sobald der Meister einen Nachfolger ernannt hat, werden all die anderen Leute, die es gern geworden wären, deswegen ziemlich sauer. Natürlich wird das Ganze noch komplizierter, wenn der Meister vor seiner Entscheidung stirbt. Wenigstens ist mein Lehrer zum Glück noch sehr lebendig und wohlauf.

Dieser Kram ist sicherlich nicht typisch buddhistisch. Aber es ist ziemlich enttäuschend zu sehen, dass es in einer Gruppe von Leuten, die sich als Buddhisten verstehen, genauso läuft wie anderswo auch. Man erwartet einfach mehr. Ich erwarte Besseres. Dieses Verhalten ist ganz einfach nicht buddhistisch. Aber im wirklichen Leben laufen die Dinge nun mal so ab.

Also druckste ich herum und zögerte etwas, die Ernennung anzunehmen, weil ich mir nicht sicher war, ob ich ausreichend für den unvermeidbaren Angriff gerüstet wäre. Letztlich entschied ich, dass es besser wäre, es einfach hinter mich zu bringen. Also sagte ich Nishijima, dass es in Ordnung wäre, wenn er die Nachricht verkünden wollte.

Als es publik wurde, begann auch schon das Gezeter. Ich habe schon davon geschrieben. Anstatt aber wieder schnell zu verschwinden, hält die Verstimmung einiger Leute an. Das Neueste ist eben mein Spitzname „der Porno-Buddhist“. Ich schätze, das liegt daran, dass ich die Kolumne für die netten Leute bei Suicide Girls schreibe.

Ich will mich jetzt hier auch gar nicht als der arme kleine Bradley hinstellen, der sich nur um seinen Kram kümmerte, als plötzlich alle Leute wütend auf ihn wurden. Mir war klar, wenn ich für Suicide Girls schreibe, würde irgendwann dieser ganze Mist passieren. Allerdings hätte ich es nicht von Leuten erwartet, die vorgaben, meine Freunde zu sein. Das ist ziemlich traurig. Zudem erwarte ich von Leuten, die sich als Buddhisten verstehen, mehr. Wie auch immer: die sind alle von meiner Weihnachtskartenliste gestrichen. Darauf könnt ihr Gift nehmen.

Dazu muss ich sagen, dass sowas nicht nur in unserer Linie vorkommt. Tatsächlich gehen wir wohl sogar besser damit um, als manche andere. Viel besser. Zumindest bislang. Meistens geschieht so was hinter den Kulissen und oft weitaus heftiger.

Sei´s drum. Kommen wir zu meinem Image als Porno-Buddhist. Als diese Anschuldigung erhoben wurde, empfahl mein Meister meinen „Freunden“ ein Kapitel namens „Blumen im Raum“ aus Dogens Shobogenzo zu lesen. Das ist wie der Muppetshow-Sketch „Schweine im Weltraum“, nur mit Blumen anstelle von Schweinen. Er meinte, es erhelle die buddhistische Haltung in Bezug auf die Lenkung des sexuellen Verlangens.

Ich werd´ hier nicht das ganze Kapitel diskutieren. Besorg Dir Teil III des Shobogenzo beim Buchhändler um die Ecke, wenn es Dich interessiert. Es geht besonders um eine Zeile, in der Dogen einen alten Chinesischen Zenmeister zitiert:

"Durch das Entfernen von Störungen verdoppeln wir die Krankheit."

Dogen kommentiert das: "Wir sind bislang nicht frei von Krankheit gewesen: wir hatten den Buddhavirus und den Patriarchenbazillus. Intellektuelles Ausschließen verstärkt und verschlimmert die Krankheit. Schon der Moment der Beseitigung selbst ist unvermeidbar Störung. Dies geschieht gleichzeitig und ist jenseits von Gleichzeitigkeit. Störungen beinhalten immer die Tatsache des Versuches sie zu beseitigen."

Wir alle haben sexuelles Verlangen. Da ist nichts spezifisch Falsches dran. Wir brauchen sexuelles Begehren, um als Spezies zu überleben. Weder Dogen noch Buddha selbst wären ohne das sexuelle Verlangen ihrer Eltern jemals geboren worden. Wenn Du glauben willst, dein Heiland sei geboren worden, ohne das vorher jemand Sex hatte: nur zu. Wie auch immer: die Zeile bezieht sich nicht speziell auf sexuelles Verlangen, sondern auf das generelle Konzept von Störungen.

Viele Leute versuchen eine Art spirituelle Reinheit zu schaffen. Dazu versuchen sie oft, alles zu beseitigen, was diese Reinheit stören könnte. Dogen aber sagt, dass Ausschluss die Seuche verstärkt und verschlimmert. Weiter sagt er: „Schon der Moment der Beseitigung selbst ist unvermeidbar Störung.“ Es gibt nur einen Grund, warum wir etwas als Störung bezeichnen: weil wir wünschten, es wäre nicht da. „Störungen beinhalten immer die Tatsache des Versuches, sie zu beseitigen.“ Ist´s nicht so?

Das ist der tatsächliche Schlüssel zum Verständnis des Buddhismus. Buddhistische Praxis versucht, alles aufzudecken. Das ist es, was wir tun, wenn wir Zazen sitzen. Es mag wie nichts aussehen. Aber wir setzen uns uns selbst aus. Viele von uns mögen nicht, was sie sehen. Aber wir fahren fort, bis jeder Stein umgedreht wurde, und jede quiekende hässliche Wanze darunter das Tageslicht erblickt hat.

In der heutigen Zeit kann niemand darauf hoffen, von Bildern begehrenswerter Objekte verschont zu bleiben. Für euch, die ihr das hier lest, sind solche Bilder 24 Stunden am Tag nur einen Mausklick entfernt – sogar noch schneller, wenn Du Abonnent bist. Wie lebt man in einer solchen Welt?

Das ist eine entscheidende Frage. Aber wie alle wichtigen Fragen ist es keine, die ich oder irgendjemand anderes für dich beantworten kann. Du musst deinen eigenen Weg finden. Den einzigen Rat, den ich dir geben kann, ist, immer wieder das Gleichgewicht zu suchen. Wenn die Dinge zu aufregend werden, ist das ein Problem. Jedes Hoch hat ein ihm entsprechendes Tief. Ich wette, dass glaubst du nicht. Die meisten von uns tun das nicht. Wir glauben, eines Tages das ewig währende Hoch zu erleben. Ich kann dich nicht daran hindern, danach zu streben. Aber ich kann zweifellos behaupten, dass so etwas nicht existiert. Es liegt nicht in der Natur der Dinge, dass es irgendwo so was gibt.

Diejenigen, die auf Reinheit und Rechtschaffenheit hoffen, versuchen immer zu zerstören, was sie stört. Aber sie suchen an der falschen Stelle. Sie glauben, die Störung käme von außerhalb ihrer selbst. Ich schätze, meine Dharmabrüder glauben, ihr Problem sitzt, von Plastikmonsterspielzeug und üppigen Suicide Girls (Ach ja, schön wär´s!) umgeben, in goldene Roben gekleidet und mit einem Stock wedelnd, drüben in einem Apartment in West Hollywood. Aber ich habe meine Zweifel. Immer wenn ich mir die Dinge die mich am meisten störten genau ansah, fand ich sie niemals außerhalb. Sie waren immer genau hier. Und da werden sie auch immer zu finden sein.

Mittwoch, 1. August 2007

Große Fische – Buddhisten bitte wegschauen!*


Eine anonyme Person hinterließ folgenden Kommentar:

Die fünfte Regel: Mir des durch unaufmerksamen Konsum verursachten Leidens bewusst, gelobe ich gute Gesundheit, sowohl körperlich als auch geistig, für mich, meine Familie und die Gesellschaft zu kultivieren, durch die Praxis aufmerksamen Essens, Trinkens und Konsumierens. Ich gelobe nur Dinge aufzunehmen, die Frieden, Wohlbefinden und Freude in meinem Körper und meinem Bewusstsein, und im Kollektivkörper und Bewusstsein meiner Familie und Gesellschaft erhalten. Ich bin entschlossen, weder Alkohol noch andere Rauschmittel zu benutzen oder Nahrung oder andere Dinge, die Gifte enthalten, wie bestimmte Fernsehprogramme, Zeitschriften, Bücher, Filme und Gespräche. Ich weiß, wenn ich meinen Körper und mein Bewusstsein mit diesen Giften beschädige, dass ich Verrat an meinen Vorfahren, meinen Eltern, meiner Gesellschaft und künftigen Generationen begehe. Ich werde daran arbeiten, Gewalttätigkeit, Furcht, Ärger und Verwirrung in mir und in der Gesellschaft zu transformieren, indem ich eine gesunde Ernährungsweise für mich und die Gesellschaft praktiziere. Ich weiß, dass eine richtige Ernährungsweise entscheidend ist für die Selbsttransformation und die Transformation der Gesellschaft.

Er (oder sie, aber ich nehme an er) meinte, es sei merkwürdig, dass ein Zen-Lehrer zu so etwas ermutigen würde. Ich nehme an, dass "Leute zu so etwas ermutigen, sich Pornos anzusehen" gemeint ist. Also dachte ich, dass ich etwas erklären sollte. Aber mir ist ziemlich klar, ganz gleich, wie viele Male ich meine Aussagen erkläre, dass man niemals jeden zufrieden stellen kann. Wie dem auch sei, ich finde dies dennoch interessant.

Zuerst einmal ermutige ich euch nicht, sich Pornos anzusehen. Mich interessiert es einen Scheißdreck, ob ihr es tut oder nicht. Es geht mich verdammt noch mal nichts an. Ich denke auch, dass ich vielleicht zu sehr die finanzielle Seite dessen, was ich für Suicide Girls tue, betont habe. Jedoch könnte ich kaum meinen Lebensunterhalt davon bestreiten, für sie oder Bücher zu schreiben. Ich habe noch einen anderen Job, sodass ich nicht arm bin. Reich bin ich allerdings auch nicht. Aber ich schreibe nicht für SG wegen des Geldes. Ich mache es hauptsächlich, um fromme Buddhisten zu ärgern!

Das war ein Witz. Meine Güte!

SG liefert ein Forum, durch das ich eine ungeheure Anzahl von Menschen erreichen kann, mit dem, was ich sage. Ich könnte wahrscheinlich ebenso viel, wenn nicht mehr, durch PayPal-Spenden für diesen Blog verdienen. Aber dann halte ich nur dem Chor eine Predigt. Den SG-Lesern eine Predigt zu halten, empfinde ich als eine viel größere Herausforderung. Es ist wie ein merkwürdiger kleiner soziologischer Versuch. Ich habe immer geglaubt, dass Buddhismus für jedermann, überall gut ist. Ich versuche zu testen, ob das stimmt.

Aber zur Antwort auf das Zitat von oben. Dies ist etwas, von dem ich einige Variationen gehört habe. Ich bin nicht ganz sicher, von wem es kommt (obwohl ich eine Vermutung habe). Etwas, auf das ich hinweisen will, falls es nicht offensichtlich ist, ist, dass dies nicht aus irgendeiner traditionellen alten buddhistischen Quelle stammt. Es ist eine zeitgenössische Auslegung.

Ich würde nicht soweit gehen, zu sagen, dass es falsch ist oder diesen Ansatz verdammen. Aber es ist nicht der Ansatz, in dem ich ausgebildet wurde, noch ist es der Ansatz, den ich lehren will.

Offensichtlich gibt es viele Reize, die in der heutigen Kultur verfügbar sind, welche ziemlich ablenkend auf die Praxis wirken. Wenn du auf deinem Kissen sitzt, beginnt das ganze Zeug, das du in dein Gehirn gestopft hast, herauszusprudeln. Je weniger Zeug du da reinstopfst, desto einfacher ist es, einen ruhigen, netten Zustand im Zazen zu erreichen. Dogen warnte jedoch davor, dass ruhige, nette, gelassene Geisteszustände zu erreichen, nicht wirklich das Ziel unserer Übung sein dürfte. Es kann ein netter Nebeneffekt sein. Aber das ist nicht der Grund, warum wir es tun.

Ich verdamme nicht den Ansatz, den unser anonymer Freund vorschlägt. Ich meine, dass richtiges Essen sehr gut ist. Nicht Stunden und Stunden damit zu verbringen, virtuelle Bösewichte in der Spielhalle zu erschießen, ist auch gut. Zu wissen, wie diese Arten von Stimulation den Körper und den Verstand beeinflussen = sehr, sehr, sehr gut. Aber es bringt nicht viel, zu versuchen sich vor der Realität abzukapseln, unsere Ohren und Augen zu verschließen und laut zu rufen "Nee! Nee! Ich kann dich nicht hören!"

Dogen sagte: "Durch das Entfernen von Störungen verdoppeln wir die Krankheit ... Intellektueller Ausschluss verstärkt die Krankheit und verschlimmert sie. Der eigentliche Moment des Entfernens selbst ist zwangsläufig eine Störung. Sie finden gleichzeitig statt und sind jenseits der Gleichzeitigkeit. Störungen schließen immer die Tatsache [des Versuches] sie zu entfernen mit ein.“

Dies ist ein Kernpunkt der Lehre, die ich in Dogens Linie gelernt habe, und den ich versuche zu vermitteln. Wie dies tatsächlich in die Tat umgesetzt wird, ist Sache des Einzelnen. Ich würde nicht soweit gehen wie der Verfasser, der sich diese Regel ausdachte und "schädliche Aktivitäten" auflistete. Das scheint ein bisschen zu weit zu gehen. Man weiß von mir, dass ich einzelnen im Gespräch Unter-Vier-Augen Vorschläge mache, von denen manche dem ähneln, was er sagt. Aber es kann nützlicher sein, zu entdecken, wie man angesichts jeder Art von Stimulation im Gleichgewicht bleiben kann. Diesem Pfad zu folgen ist schwieriger. Am Ende denke ich wirklich, dass es der einzige Weg ist, der Sinn macht.

Tut mir leid.

* Oder: Don’t View Big Fish

Translated by Wayne