Interessanterweise sind kürzlich einige miteinander zusammenhängende Dinge gleichzeitig passiert. In den letzten paar Wochen habe ich drei oder vier Emails von Leuten aus dem Militär erhalten, in denen sie mir mitteilten, wie sehr ihnen meine Bücher gefallen haben. Einer hat Hardcore Zen gelesen, während er im Irak stationiert war. Und ziemlich zur gleichen Zeit habe ich einige andere Emails erhalten, in denen Besorgnis über Leute beim Militär, die Buddhismus praktizieren, zum Ausdruck gebracht wurde. Diese anderen Emailer schienen davon überzeugt zu sein, dass jeder beim Militär, der sich für buddhistische Praxis und Philosophie zu interessieren beginnt, unmittelbar gezwungen sei, fahnenflüchtig zu werden und den Wehrdienst zu beenden. Und hier ist er, der Veteran´s Day, der perfekte Tag, um einen Artikel zum Thema zu veröffentlichen.
Ich fühle mich sehr geehrt dadurch, dass Leute von den Streitkräften mein Zeugs lesen. Ich frage mich manchmal, wie viele andere buddhistische Autoren Fans beim Militär haben. Einige sicher. Aber viele buddhistische Schriftsteller sind derart vehement politisiert, dass ich mir vorstellen kann, dass sie Menschen, die einer Arbeit dieser Art nachgehen, eher davon abhalten, sich mit Buddhismus zu beschäftigen. Das ist eine Schande.
Der Titel dieses Artikels ist eine Anspielung auf einen Autoaufkleber, den man oft in den USA sieht, und auf dem steht: “Gefällt Euch eure Freiheit? Dankt einem Veteranen dafür!“ Der Buddhismus ist eine praktische Philosophie und eine Praxis für die reale Welt, die, in der wir tatsächlich leben, und nicht eine idealistische Religion, in der wir uns die fantastische Welt ausmalen, in der wir gerne leben würden. Ich denke, dass auch wir Buddhisten unseren Veteranen danken sollten.
Ich habe darüber bereits in einem Suicide-Girls-Artikel mit dem Titel “Buddhism Through Violence” geschrieben, daher möchte ich all das nicht erneut hier wiederkäuen. Aber ich möchte nochmal betonen, wie ich es auch in jenem Artikel getan habe, dass ich nicht glücklich über die Tatsache bin, dass unsere Freiheit den Buddhismus zu praktizieren durch Gewalt, oder zumindest die Androhung von Gewalt, geschützt werden muss. Aber ob ich damit glücklich bin oder nicht, ändert nichts an den Tatsachen. Wir können in der Welt nur Veränderung bewirken, wenn wir uns zunächst damit arrangieren, in was für einer Welt wir tatsächlich leben.
Dienstag, 11. November 2008
Gefällt Euch Euer Buddhismus? Dankt einem Veteranen dafür!
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8 Kommentare:
Und der rechte Lebenserwerb, lieber Freund? Was ist mit dem buddhistischen Grundsatz, daß Leiden in der Welt zu verringern? Mit Gewalt? Mit Gewalthandlungen? Mit gewaltiger Rede? Was ist mit dem Gebot des Nichttötens?
# Ich gelobe, mich darin zu üben, kein Lebewesen zu töten oder zu verletzen.
# Ich gelobe, mich darin zu üben, nichts zu nehmen, was mir nicht gegeben wird.
# Ich gelobe, mich darin zu üben, keine schädlichen sexuellen Handlungen auszuüben.
# Ich gelobe, mich darin zu üben, nicht zu lügen und wohlwollend zu sprechen.
Das ist absurd, lieber Freund. Völlig absurd.
Es geht doch nicht darum eine phantastische Welt zu denken. Es geht darum zu erkennen, wie diese Welt ist. Daraus seine Schlüsse zu ziehen. Sich nicht damit abzufinden. Und darum, ein Gegenbeispiel zu geben. Ganz praktisch.
Mord und Totschlag gibt es genügend. Völlig absurd zu denken, daß Buddhisten sich auch noch daran beteiligen müßten. Absurd und unnötig. In einem Punkt gebe ich dir allerding recht. Man sollte die Sünde hassen, nicht den Sünder. Also buddhistisch gesprochen. Nicht den Täter verabscheuen, sondern die Tat.
Liebe Grüße und Ahimsa
Ich glaube nicht, dass der Verzicht auf Krieg das Leiden in der Welt verringern würde. Wenngleich man die konkrete Kriegspolitik der USA unter Bush sicherlich kritisieren kann, leben wir in einer Welt, in der es Krieg braucht, um das Leiden zu vermindern. Ja das Beispiel ist ausgelutscht, aber was wäre passiert, wenn die USA nicht in den 2.WK eingegriffen hätten?
Hallo Ahimsayama,
lies doch einmal folgenden Aufsatz:
http://www.tibet.de/tib/tibu/2000/tibu53/53gewalt.html
Hallo Raphael,
im WW II gab es nicht minder Menschen, die sich irgendwelcher Kampfhandlungen verweigert haben und dennoch mit Beispiel und Tat denjenigen, die 52 Mio. Menschen auf dem Gewissen haben, Paroli boten. Auch wenn es für sie dann auch um ihr eigenes Leben ging. Ich weiß nicht, ob ich den Mut dazu hätte. So ganz ohne den Tatbestand, daß mir jemand eine Waffe an den Kopf hielte?
Auch habe ich den Eindruck, daß es in unseren Gesellschaften einige böse Burschen gibt, die dringlich versuchen uns Angst zu machen. Damit ihre Ziele verfolgen. Angst essen Seele auf.
Aber es geht wohl hier um die Frage, was zur Zeit mit den Menschen in Tibet passiert.
Es geht wohl eher um die Frage, ob jemand, weil er Buddhist ist, deshalb keinen Dienst an der Waffe leisten darf. Brad Warners Meinung hierzu: Jeder muss das mit sich selbst ausmachen, der Buddhismus macht hierzu keine klare Aussage.
Was mir an dem Artikel nicht gefällt und dem kann ich nicht zustimmen, ist: "Ihr wünscht Euch womöglich, wir lebten in einer Welt, in der unsere Freiheit, den Buddhismus zu praktizieren, nicht durch militärische Gewalt ermöglicht würde."
Ich frage mich, wer oder was in aller Welt es mir ermöglichen soll oder mich daran hindern kann Buddhismus zu praktizieren.
Sei es drum.
Raphael hat recht, der (Zen-)Buddhismus legt sich in dieser Frage nicht klar fest. Es ist wohl aber von einer grundsätzlich friedlichen Haltung auszugehen.
Sybille Fritsch-Oppermann erklärt dazu in ihrem Artikel „Die Ethik des Zenbuddhismus in Japan“, dass dessen Verständnis zu friedenstiftendem Handeln führe, weil die Verletzung anderer letztendlich Selbstverletzung sei. Zitat: „ Nach den »drei Gelübden der Zufluchtnahme« und den »drei Geboten der Reinheit« folgen in den »sechzehn Bodhisattva-Geboten« die »zehn Hauptgebote«. Das erste, besser die erste Regel, betrifft das Töten. Sie ist, wie alle anderen Regeln, weder positiv als Befehl noch negativ als Verbot aufgefaßt, sondern gilt als Ausdruck einer mitfühlenden Weisheit, die die Gegensätze »falsch/richtig« oder »negativ/positiv« äußerst zurückhaltend verwendet. Die erste Regel bedeutet also nicht einfach „du sollst nicht töten“, sondern vielmehr „laßt uns das Leben nach Kräften fördern“ und „es gibt keinen Gedanken des Tötens“. (…) Die liebevolle und solidarische Zuwendung zu anderen Wesen wird allerdings anders als im traditionellen Christentum nicht als Akt des Gehorsams Gott gegenüber, sondern als quasi »von selbst« entstehende Handlungsweise dessen erlebt, der erleuchtet ist und daher weiß, daß alle anderen angetane Gewalt das Ganze der Wirklichkeit und damit auch ihn selbst verletzt.“
Nachzulesen bei Wissenschaft & Frieden:
http://www.uni-muenster.de/PeaCon/wuf/wf-94/9410301m.htm
Ahimsayama, du schreibst:„Ich frage mich, wer oder was in aller Welt es mir ermöglichen soll oder mich daran hindern kann Buddhismus zu praktizieren.“ Naja, ich denke bei uns hier niemand. Allerdings gibt und gab es in der Welt wohl genug Beispiele wo dies nicht so ohne weiteres möglich ist bzw. war. Ich bin auch der Meinung, Krieg als Mittel der Politik, sollte der Vergangenheit angehören. Aber leider ist halt nicht jeder Politiker ein erleuchteter Weiser und so werden wir uns wohl noch länger mit dem Thema Krieg beschäftigen müssen. Wobei selbst sog. Erleuchtete mit Vorsicht zu genießen sind.
Interessantes dazu hier:
http://www.zen.fuer-uns.de/index.php?menuf=weltkrieg
Gruß Sonja
Hallo Brad - besser: deutsche Leserschaar!
Einerseits muss ich Brad zustimmen, in seiner Sichtweise von ZEN und Militärangehörigen. Warum sollte es diesen nicht auch zu ethischerem Verhalten helfen - damit solche Berichte wie aus dem Iran-Krieg nicht mehr vorkommen müssen.
Wenn ein Militär in internationalen Befriedungen als Polizist eingesetzt wird, wäre das nicht in Buddhas Sinne gewesen? Sind auch alle Polizisten von der Erleuchtung ausgeschlossen?
Wir sollten auch bedenken, dass Buddha selbst aus der Kriegerkaste kam und den Umgang mit Waffen gelernt hatte - aber nach seiner Erleuchtung hat er eben niemals mehr mit Waffen gestritten, sondern nur noch mit Worten und auch so Kriege unter Königen/Fürsten verhindert.
Aber im Gegensatz zu Brads eben so prakmatischem Ansatz gibt es dennoch einen Ansatz von Buddha selbst, der verschieden ist.
Von Hans Gruber erlaube ich mir hier ein Zitat anzuführen:
"Die Krieger befragen den Erwachten zu dessen Haltung. Er will ihnen auf diese heikle Frage zunächst nicht antworten. Als sie ihn mehrfach drängen, sagt er, dass das Gegenteil zutreffe: Ein Soldat hätte im Gewalt- oder Kriegsakt einen „niederen und verderbten Geist“, weil in ihm zwangsläufig Hass und Tötungsintentionen vorherrschen. Mit diesem Geisteszustand könne für
ihn, wenn er umkäme, danach bloß Leiden das Resultat sein.
Für dieses Leidensresultat nennt der Erwachte hier noch einen zweiten Grund, nämlich die verfehlte Ansicht der Soldaten, dass sie in den Himmel kämen, wenn sie in Ausübung einer Kriegerpflicht fielen. Auch eine solche Ansicht könne aufgrund ihrer Verfehltheit (dies heißt ihres Widerspruches zur Natur der Dinge) bloß zu Leiden führen.
Nach diesen Antworten des historischen Buddha beginnen die Soldaten zu weinen, weil sie die Vernunft und innere Logik des Gesagten erkennen. Es entsteht in ihnen nun ein großes Bedauern, dass sie sich von ihrer Tradition
so lange Zeit haben täuschen lassen."
Die Gemeinsamkeiten zwischen diesen beiden so verschiedenen Ansichten liegen eben nicht in der Tat (töten oder nicht-töten) sondern genau nur in der Motivation warum getötet wird oder warum nicht.
Wenn ein Soldat eben unnötig Menschen gequält und gemordet hat, dann kann dies bei Einsicht und ethisch höherer Entwicklung zu Bedauern und Tränen führen.
Aber wenn ein Soldat wenige Gegner töten musste um vielen Menschen das Leben zu sichern, dann war dies durchaus eine positive Tat, welche auch kein/kaum negatives Karma produziert hat.
In diesem Sinne sollten wir gerade die "relative Ethik" des Buddhismus als integrierendes Element für alle alltäglichen Erfordernisse und Anforderungen an uns sehen.
Grüsse
http://www.zen.fuer-uns.de/
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