Montag, 25. September 2006

Augen auf!*

Ich habe ein wenig über den fokussierten Blick während Zazen nachgedacht. Erst seit Kurzem mache ich mir darüber überhaupt Gedanken. Ich denke jedoch, dass dies ein extrem wichtiges Thema für Leute ist, die Zazen praktizieren. Mir scheint, ich habe das seit Langem gespürt, bin aber erst jetzt in der Lage es auszudrücken. Ich schreib hier mal, was ich meine.

Ich kann mich nicht mehr genau daran erinnern, was mein erster Lehrer zum Thema sagte, als ich vor 20 Jahren anfing, Zazen zu praktizieren. Aber ich erinnere mich, jedes Mal frustriert gewesen zu sein, wenn ich bemerkte, dass mein Blick anfing, zu verschwimmen und zu wandern. Also nahm ich einen Filzstift und malte einen kleinen Punkt an die Wand, an der ich gewöhnlich Zazen machte. Wenn der Punkt aus meinem Blick verschwand, wusste ich, dass es Zeit war, mich zu korrigieren.

Ich empfehle dieses Verfahren nicht, denn es ist ein wenig künstlich. Ich hörte schnell wieder damit auf, denn der Punkt selbst wurde zur Ablenkung.

Erst vor ein paar Jahren, als ich Meister Nishijima erstmals darüber reden hörte, dass die Augen während Zazen fokussiert bleiben sollten, fing ich an, über das Thema nachzudenken. Aber als ich darüber nachdachte, bemerkte ich, dass wenn immer meine Augen unfokussiert waren, war meine Praxis ebenso unfokussiert, meine Haltung geriet unmerklich aus dem Lot und all dies bedurfte einer Korrektur.

Während unseres 3 Tage-Sesshins am Beginn dieses Monats und während unseres monatlichen eintägigen Mini-Sesshins letzten Samstag habe ich beobachtet, dass dies wieder und wieder passierte. Wann immer der Blick unfokussiert wurde, begann die Praxis abzuschweifen. Mit unfokussierten Augen wandert der Geist umher und die Haltung verändert sich. Das erneute Fokussieren der Augen half mir, wieder alles in die richtige Ordnung zu bringen.

Einmal hörte ich, wie mein erster Lehrer die Frage beantwortete, ob die Augen offen oder geschlossen sein sollten. Er sagte, wenn die Augen geschlossen wären, sei das so, als würde man sagen, dass das, was in unserem Kopf ist, wichtiger sei als das, was draußen ist. In der buddhistischen Praxis müssen wir beide Seiten gleich stark betonen. Das ist sehr wichtig.

Seit Kurzem bin ich also davon überzeugt, dass buddhistische Praxis die Praxis ist, die Augen offen und fokussiert zu behalten.

*Englischer Original Titel: “Open Your Eyes See The Lies Right In Front Of You“ - Song Text der Band Lords of the New Church; Sänger Stiv Bators, Ex-Mitglied der Band The Dead Boys aus Cleveland.